Richtlinien zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis und zum Umgang mit wissenschaftlichem Fehlverhalten an der Universität Karlsruhe (TH)
Vorbemerkung
Die folgenden Richtlinien basieren auf den Empfehlungen der Hochschulrektorenkonferenz "Zum Umgang mit wissenschaftlichem Fehlverhalten in den Hochschulen" vom Juli 1998, die ihrerseits die Beschlüsse des Senats der Max-Planck-Gesellschaft mit dem Titel "Verfahren bei Verdacht auf wissenschaftliches Fehlverhalten in Forschungseinrichtungen der Max-Planck-Gesellschaft - Verfahrensordnung" vom November 1997 als Grundlage haben. Sie werden ergänzt durch Empfehlungen aus den "Vorschlägen zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis" der Deutschen Forschungsgemeinschaft vom Dezember 1997. Formulierungen der genannten Texte sowie die aus ihnen hervorgegangenen entsprechenden Richtlinien der Universität Konstanz sind teils unmittelbar, teils mittelbar in die folgenden Richtlinien eingegangen.
Personen- und Funktionsbezeichnungen in diesem Text gelten jeweils in männlicher und weiblicher Form.
Allgemeines
Zur Wahrnehmung ihrer Verantwortung in der Forschung und den damit unmittelbar verknüpften Aufgaben in Lehre und Nachwuchsförderung trifft die Universität Karlsruhe folgende Vorkehrungen, um wissenschaftlichem Fehlverhalten entgegenzuwirken und im Bedarfsfall Regeln für ein angemessenes Verhalten zu haben.
Zum Begriff "wissenschaftliches Fehlverhalten"
Wissenschaftliches Fehlverhalten liegt vor, wenn bei wissenschaftlichem Arbeiten bewusst oder grob fahrlässig Falschangaben gemacht werden, geistiges Eigentum anderer verletzt oder sonst wie deren Forschungstätigkeit sabotiert wird. Als Fehlverhalten kommt insbesondere in Betracht:
- Falschangaben
- das Erfinden und Fälschen von Daten
- unrichtige Angaben in einem Förderantrag
- Verletzung geistigen Eigentums in Bezug auf ein von anderen geschaffenes urheberrechtlich geschütztes Werk oder von anderen stammende wesetliche wissenschaftliche Erkenntnisse, Hypothesen, Lehren oder Forschungsansätze:
- die unbefugte Verwertung unter Anmaßung der Autorenschaft (Plagiat)
- die Ausbeutung von Forschungsansätzen und Ideen, insbesondere als Gutachter (Ideendiebstahl)
- die Anmaßung oder nicht gerechtfertigte Annahme wissenschaftlicher Autoren oder Mitautorenschaft
- die Verfälschung des Inhalts
- die vorsätzliche oder unzumutbare Verzögerung der Publikation einer wissenschaftlichen Arbeit, insbesondere als Herausgeber oder Gutachter, oder
- die unbefugte Veröffentlichung und das unbefugte Zugänglichmachen gegenüber Dritten, solange das Werk, die Erkenntnis, die Hypothese, die Lehre oder der Forschungsansatz noch nicht veröffentlicht ist.
- die Inanspruchnahme der (Mit-)Autorenschaft eines anderen ohne dessen Einverständnis
- die Sabotage von Forschungstätigkeit (einschließlich dem Beschädigen, Zerstören oder Manipulieren von Versuchsanordnungen, Geräten, Unterlagen, Hardware, Software, Chemikalien, Zell- und Mikroorganismenkulturen oder sonstiger Sachen, die ein anderer zur Durchführung eines Experimentes benötigt)
- Beseitigung von Originaldaten, insofern damit gegen gesetzliche Bestimmungen oder disziplinbezogen anerkannte Grundsätze wissenschaftlicher Arbeit verstoßen wird.
Eine Mitverantwortung für Fehlverhalten kann sich unter anderem ergeben aus
- Beteiligung am Fehlverhalten anderer,
- Verschweigen einer Kenntnis von wissenschaftlichem Fehlverhalten anderer,
- Mitautorenschaft an fälschungsbehafteten Veröffentlichungen,
- grober Vernachlässigung der Aufsichtspflicht.
Verhaltensregeln für Wissenschaftler
- Alle wissenschaftlich Tätigen sind zur Einhaltung der Regeln guter wissenschaftlicher Praxis verpflichtet. Diese Regeln sollen fester Bestandteil der Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses sein. Im Rahmen von Forschungsprojekten obliegt dies dem für das Projekt Verantwortlichen.
- Alle Verantwortlichen haben durch geeignete Organisation ihres Arbeitsbereiches sicherzustellen, dass die Aufgaben der Leitung, Aufsicht, Konfliktregelung und Qualitätssicherung eindeutig zugewiesen sind und gewährleistet ist, dass sie tatsächlich wahrgenommen werden.
- Leistungs- und Bewertungskriterien für Prüfungen, Verleihungen akademischer Grade, Beförderungen, Einstellungen, Berufungen und Mittelzuweisungen sollen so festgelegt werden, dass Originalität und Qualität als Bewertungsmaßstab stets Vorrang vor Quantität haben.
- Der für ein Forschungsprojekt Verantwortliche hat sicherzustellen, dass Originaldaten als Grundlagen für Veröffentlichungen auf haltbaren und gesicherten Datenträgern 10 Jahre aufbewahrt werden. Weitergehende Aufbewahrungspflichten aufgrund gesetzlicher Bestimmungen sowie Maßnahmen zum Schutz personenbezogener Daten bleiben hiervon unberührt.
- Autoren einer wissenschaftlichen Veröffentlichung tragen die Verantwortung für deren Inhalt gemeinsam. Die Ausnahmen sollten kenntlich gemacht werden. Alle Wissenschaftler, die wesentliche Beiträge zur Idee, Planung, Durchführung oder Analyse der Forschungsarbeit geleistet haben, sollten die Möglichkeit haben, Koautoren zu sein. Personen mit kleinen Beiträgen werden in der Danksagung erwähnt.
Organisatorische Strukturen
- Es werden vom Senat ein Ombudsmann und ein Stellvertreter als Ansprechpartner für Angehörige der Universität bestellt. Der Ombudsmann berät als Vertrauensperson diejenigen, die ihn über ein vermutetes wissenschaftliches Fehlverhalten informieren. Er prüft die Plausibilität der Vorwürfe. Die Amtszeit des Ombudsmannes beträgt zwei Jahre. Er erstattet dem Rektor jährlich Bericht.
- Es wird vom Senat eine ständige Kommission zur Untersuchung von Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens bestellt. Ihr gehören an
- drei Professoren
- ein Angehöriger des wissenschaftlichen Dienstes
- der Ombudsmann und sein Stellvertreter als Gäste mit beratender Stimme
- soweit Studierende oder VT-Mitarbeiter von wissenschaftlichem Fehlverhalten betroffen sind, bestellt der Senat aus seinen Reihen einen Vertreter
- ein vom Rektorat benannter Vertreter mit juristisch beratender Stimme
Die Amtszeit beträgt drei Jahre. Wiederwahl ist möglich. Die Kommission wird auf Antrag des Ombudsmannes oder eines ihrer Mitglieder aktiv.
Verfahren
Erhält der Ombudsmann Hinweise auf wissenschaftliches Fehlverhalten, so prüft er den Sachverhalt nach pflichtgemäßem Ermessen. Kommt er zu dem Ergebnis, dass hinreichende Verdachtsmomente für ein wissenschaftliches Fehlverhalten vorliegen, verständigt er die Kommission.
Die Kommission wird auch tätig, wenn Hinweise auf wissenschaftliches Fehlverhalten unmittelbar an sie gerichtet werden.
Die Kommission hat den Sachverhalt entsprechend ihrer Möglichkeiten aufzuklären und dem Rektor zu berichten. Das Verfahren bestimmt sie nach pflichtgemäßem Ermessen. Das rechtliche Gehör des Betroffenen ist zu wahren. Er kann, ebenso wie der Informierende, verlangen, persönlich angehört zu werden. Das Akteneinsichtsrecht der Beteiligten richtet sich nach den allgemeinen Bestimmungen.